Dienstag, 26. August 2008

Die ersten 12 Tage in der islamischen Welt

Teheran

So, jetzt gibts Fotos :) In knapp 2 Wochen in der Hauptstadt der islamischen Republik Iran hab ich kaum Zeit zum verschnaufen gehabt. Jeder Tag ist eine Sensation. Ich habe mich sehr gut eingelebt und komme super mit den Iranern zurecht. Diese Gastfreundschaft ist wirklich bemerkenswert. Aber mehr dazu später.



15. August, Ankunft-Abflug Tag


Alireza (President von AIESEC Iran) holt mich um 3:30am vom Flughafen ab :)


Mein Arbeitsplatz für die nächsten 6 Wochen: AIESEC-Büro in der Faculty of Entrepeneurship der Universität Teheran


Neda, verantwortlich für das internationale Praktikantenprogramm von AIESEC


Saman, Team Leader Incoming eXchange


Rainbow Cheung aus Hong Kong, die hier gerade von einem Radiosender interviewt wird (u.A mit der Frage: "What do you expect from a husband?")


On the "Roof of Teheran" mit Sara aus köln, Praktikantin in einer NGO in Teheran


Ein iranisches Dessous-Geschäft ("Du kommst hier ned rein!")


Ajatollah Ruhollah Musavi Chomeini, Gründer der islamischen Republik Iran (mehr dazu unten)


Unser Anwalt und Al Pacino-Double, Hojat


Lecker Essen: Kebap und unzählige Arten von köstlichem Gebäck ("Shirini")


Ausflug in die Berge im Norden des Iran




Wunderschöne Wohnanlagen...

Alles anders?!
Im Iran gibt es keine Trennung von Staat und Religion. Dieser Umstand ist ein Grund dafür warum Dinge hier etwas anders laufen als in der Heimat - aber längst nicht der Einzige. Das persische Volk hat einiges an Überaschungen parat...

Taroof - es ist nicht ganz einfach zu erklären was das ist. Man könnte sagen es ist ein Überbegriff für ein bestimmtes Verhalten. Es ist echt bemerkenswert wie unglaublich freundlich und höflich die Iraner sind. Besonders zu Ausländern. Zu Taroof passen folgende Begriffe: zuvorkommend, höflich, gastfreundlich, Respekt. Ein Bsp für Taroof: Bei einem gemeinschaftlichen Essen füllt sich niemand zuerst den eigenen Teller auf. Man bietet es erst jemand anderem an. Dieser wiederum lehnt es ebenfalls ab der erste zu sein, nimmt dann allerdings nach einigen Worten doch an. Es klingt vielleicht etwas anstregend, geht aber eigentlich ziemlich schnell und führt hauptsächlich dazu, dass sich alle wohl und gut aufgenommen fühlen. - Taroof-

Freitag ist Sonntag - Das Wochenende ist von Donnerstag bis Freitag, die Wochentage heissen aber gleich wie bei uns. Etwas verwirrend...

Money - 1 Euro ist etwa 14.000 Rial. Rial ist die offizielle Währung, allerdings beträgt die Inflaionsrate offiziell 18% (inoffiziell ca 25%). Das heisst Preise sind relativ. Weil die Iraner keine Lust auf so viele Nullen haben, wird im Sprachgebrauch eine Null weggelassen. Die Währung heisst dann "Toman". 1000 Toman sind also 10.000 Rial. (Ein 10.000 Rial - Geldschein ist der meistbenutzte Geldschein im Zahlungsverkehr). Die Preise auf Produkten sind manchmal in Rial, manchmal in Toman ausgezeichnet. Das ist auch etwas verwirrend.. ("Wow, was für ein Schnäppchen...ach nee, doch nicht")

Dress Code - Gesetze im Iran basieren auf "islamischen Regeln". Das gilt besonders für Kleidungsvorschriften in der Öffentlichkeit. Hier die wichtigsten:
  • Frauen müssen in der Öffentlichkeit mindestens ein Kopftuch tragen, besser noch so eine Art "Haube" aus Tuch. Zusätzlich müssen die Arme und Beine komplett bedeckt sein. Völlige Verschleiherung (z.B mit einer Burka) ist nicht üblich. Die meisten Frauen tragen entweder ein sog. "Manto", das ist eine Art langer Mantel, erhältlich in verschiedenen Farben. Die etwas traditionelleren Damen tragen "Chador", ein weites, zeltähnliches schwarzes Gewand, was die Frauen mit Ausnahme des Gesichts von Kopf bis Fuss komplett verhüllt.
  • Männer können tragen was sie wollen, mit Ausnahme von kurzen Hosen.
  • Es gibt hier 2 verschiedene Arten von Polizei: Eine für den Strassenverkehr und eine für die Bürger. Die "People-Police" ist haupsächlich damit beschäftigt, zu checken ob Frauen angemessen gekleidet sind. Wer nicht dem Dress-Code entspricht wird verhaftet und muss von einer männlichen Bezugsperson (Vater, Bruder, Ehemann) wieder abgeholt werden. Ich habe bisher Niemanden getroffen, der mit dieser Regelung einverstanden ist. In Privaträumen werden die Kopfbedeckungen abgenommen.
  • Diese rel. strengen Regeln gelten erst seit der "Islamischen Revolution" von 1978, angeführt von Ajatollah Chomeini. Von älteren leuten wurde mir erzählt, dass der Iran vorher ein offenes und tolerantes, eher westlich geprägtes Land war (ähnlich wie Afghanistan). Chomeinis Portrait ziert noch heute alle Geldscheine, alle öffentlichen Einrichtungen und diverse Hauswände der Stadt.
Copyright und Organhandel - Im Iran existiert kein Copyight. Man kann ganz legal alles kopieren, was man will. Gestern habe ich gehört, dass man ganz legal seine Niere verkaufen kann. Preis: 2000-3000 EUR (Verhandlungsache zwischen Spender und Empfänger)

Internet - Das www unterliegt staatlicher Kontrolle. Web-Seiten mit ungewünschtem politischem Inhalt oder zu freizügigen fotos werden geblockt. Wenn man so eine Seite aufruft, erscheint eine Anzeige: "Diese Seite ist nicht zugänglich. Sie verstößt gegen die Regeln des Kommunikations-Ministeriums" (Sinngemäße Übersetzung aus dem persischen)
Wenn ich mich z.B. aus meinem GMX-Account auslogge, erscheint diese Anzeige, mySpace ist auch geblockt. Allerdings kursiert ein Programm, das die Sperre umgeht. So konnte ich den Song auf mySpace hochladen. Auf der Startseite des Programms steht: "Privacy, Security and Freedom"

Tehran-Traffic - Diese Stadt hat ca 13 Mio Einwohner und gefühlt mindestens genausoviele Autos. Der Verkehr ist echt extrem. Dies hat verschiedene Folgen:
  • SMOG, die Luft ist echt beschissen. 2 Schachteln Zigaretten sind wahrscheinlich gesünder als sich täglich im Stadtgebiet aufzuhalten. Auf dem ersten Foto vom Berg aus kann man das sogar ein bischen erkennen. Über der Stadt hängt eine riesige SMOG Wolke. Das oft beschriebene Nasenbluten, was Ausländer hier oft haben, ist bei mir allerdings bisher ausgeblieben...
  • Eine Strasse zu überqueren ist eine echte Herausforderung. Auf den ersten Blick scheint es unmöglich. Die Strassen sind voll und alle fahren so schnell wie es mit ihrem Auto möglich ist. Es gibt aber zwei wichtige regeln für Fussgänger: 1. Den Autofahrern in die Augen schauen 2. Keine Angst Zeigen. Es kostet etwas Überwindung aber mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wann man den Leuten direkt vors Auto rennen muss. Blöd ist allerdings wenn bei Dunkelheit der Strom ausfällt. Man muss sich eigentlich auf die Autos konzentrieren, ist aber gleichzeitig damit beschäftigt nicht über andere Hindernisse zu stolpern.
  • In der Rush Hour geht nichts mehr, alles dicht, überall. Lustig ist auch folgendes: Um dem SMOG zu entgehen fahren viele Einwohner am Wochende in die umliegenden Berge richtung Norden. Damit aber die sowieso schon schwierige Situation des Verkehrs nicht total zusammenbricht, weil alle gleichzeitig am Freitag Abend (Remember: Freitag ist Sonntag) zurück aus den Bergen kommen, hat sich die Stadtverwaltung entschlossen die Hauptstrasse aus den Bergen in die Stadt ab 1 Uhr Mittags zu sperren. Das führt dazu das Alle, die etwas zu spät dran sind wie bekloppt die schmalen Serpentinen die Berge runterheizen. Also sportliches Fahren ist gar kein Ausdruck für die Überholmanöver, die ich da aus dem Bus aus beobachtet habe. Ein Wunder das da niemand über die Leitplanke 200m in die Tiefe gestürzt ist.
Und zum Schluss, den Kalauer der Woche:
"In Teheran bringt dir immer Jemand einen Tee heran..." Das ist echt war. Hier in der Uni gibt es eine Frau, die nur dafür zuständig ist den ganzen Tag alle Büros mit frischem Tee zu beliefern.

Bis später!

Samstag, 23. August 2008

Was mache ich hier eigentlich?

Hallo Freunde!
Sorry für die Verspätung, aber jetzt gibt es endlich was zu lesen :)
Genau eine Woche bin ich jetzt schon in Teheran, aber alles schön der Reihe nach.

Als erstes habe ich hier einen kleinen Abschieds-Song für Euch, den ich mit Sebastian in der Harkortstrasse aufgenommen habe (Danke Sebastian!!!!) Ich habe mich so gefreut wieder loszufahren, Reisen ist großartig. Dieser Song ist dabei rausgekommen:

http://www.myspace.com/sebaundtobi



Was mache ich hier eigentlich?
In diesem Moment sitze ich im AIESEC-Office in der Entrepeneurship-Faculty der Universität Tehran, Iran. AIESEC gibt es hier seit ca. einem Jahr. Meine Aufgabe ist es 6 Wochen dabei zu helfen die Strukturen und Prozesse des Lokalkomitees zu stärken. Um das zu erreichen, veranstalte ich Workshops mit den iranischen AIESECern und gebe support bei der täglichen Arbeit. Ausserdem will ich natürlich ganz viel über die Leute in diesem Land erfahren :)


Am 27. August fliege ich dann weiter nach Delhi, Indien. Dort mache ich 6 Monate ein Marketing-Praktikum bei "Oogma Health Innovations". Es handelt sich dabei um eine Start Up Company, die zahnärztliche Kliniken nach westlichem Standard in Indien aufbauen will. Was ich da genau machen werde weiss ich auch noch nicht, nur das es um Marketing geht.

"In life there is no security, there is only opportunity"
Die letzten zwei Wochen vor meiner Abreise am 15.08. waren echt turbulent. Obwohl ich meine Reise relativ lange vorher geplant hatte haben sich alle Voraussetzungen für die Abreise erst in der Woche vor meinem Abflug am Freitag erfüllt. Mein eigentliches Praktikum in Kalkutta wurde kurzfristig (3 Wochen vor meiner Abreise) abgesagt und viel Papierkram und Dinge die von einander abhängen konte ich nicht rechtzeitig regeln. Hier mal die Chronik der Woche vor meinem Abflug am Freitag:

Montag:
Meine Bestätigungsunterlagen für das Praktikum kommen endlich per Mail an

Dienstag:
Ich bekomme beide Visa, für die Islamische Republik Iran und für Indien :)

Mittwoch:
Letzter Arbeitstag bei PwC und Abschiedsparty am Abend

Donnerstag:
Mein Urlaubssemester wird genehmigt (sonst hätte ich Studiengebühren für das kommende Semester zahlen müsen)

Freitag:
Morgens bekomme ich meine letzten Impfungen, Joyce kommt zurück aus Spanien, Mama und Papa kommen aus Ghana zurück nach HH, wir machen ein Picknik am Flughafen und um 17:40 fliege ich los über Istanbul nach Tehran!

Ich hätte echt nicht gedacht, dass das alles noch klappen würde. Zwischenzeitlich war ich echt frustriert, aber eine E-Mail von einer AIESECerin aus Russland hat meine Situation ziemlich gut getroffen und mir geholfen nicht zu verwzeifeln. In ihrer E-Mail Signatur stand der Satz: "In life there is no security, there is only opportunity" - Speciba!
Ein ganz lieber Dank auch an Abi (für ein Dach über dem Kopf und die tolle Fürsorge), Christoph und Simon (für die Hilfe beim Marketing Konzept)!!

Fotos und meine ersten Erlebnisse in Teheran folgen in den nächsten Tagen.....!