Sonntag, 14. September 2008

Arbeiten bei AIESEC Tehran



Mittlerweile habe ich verschiedene Workshops mit iranischen AIESECern als Teilnehmer trainiert (u.a. zum Thema Account Management). Auf den ersten Blick schien mir das bis auf die offensichtlichen Regeln des Umgangs gar nicht so anders als mit deutschen Studenten. Z.B. haben wir bei einem Workshop einen Raum in einer anderen Organisation benutzt. Als wir ankamen, sagte der Verantwortliche plötzlich wir könnten dort nicht ohne Aufsicht bleiben, weil wir eine gemischt-geschlechtliche Gruppe seien. (Randnotiz: alle Anwesenden waren Volljährig!) Nach einigem hin und her ging es dann allerdings doch. Diese Trennung von Mann und Frau im täglichen Leben ist hier allgegenwärtig, siehe "Seperation".

Interessanter wurde es allerdings bei den Soft-Factors eines solchen Workshops. Ein für mich wesentlicher Teil für erfolgreiche Teamarbeit sind gewisse Verbindlichkeiten auf die man sich in jeder Situation verlassen kann. Z.B ein fest gelegter Arbeitsprozess oder Teamregeln. Im Iran sind Verbindlichkeiten im Allgemeinen eine Herausforderung. Die größte (und vielleicht einzige?) Verbindlichkeit, so scheint es mir, ist der Islam und dessen regeln. Sina, ein Ingenieur-Student und AIESEC-Mitglied, hat es so formuliert: „The most given answer to any question in Iran is: It depends!“


Dieser Umstand wurde besonders deutlich als wir versucht haben Regeln für das geben und nehmen von Feedback zu entwickeln. Wir waren uns einig, dass eine positive Feedback-Atmosphäre die Performance eines Teams verbessert, weil jedes Teammitglied so von der Aussensicht der Anderen profitieren kann. So weit so gut. Nun wollte ich gerne konkrete Regeln aufstellen und bekam ein schönes Beispiel dafür, warum die oft genannte „interkulturelle Sensibilität“ tatsächlich eine wichtige Rolle spielt, wenn man in internationalen Teams arbeitet. Feedback nehmen kann eine Herausforderung sein, gerade wenn man in stürmischen Momenten emotional berührt ist oder auch wenn man nicht vor versammelter Mannschaft sein Gesicht verlieren will. Also schien es mir völlig eindeutig, dass wir als Regel aufstellen: Bevor man Feedback gibt, danach fragen, ob die Person jetzt gerade bereit dafür ist es aufzunehmen. Das wäre allerdings zu einfach gewesen, alle Iraner waren sich einig: „It does not work!“ Warum? Die persische Höflichkeit verbietet es, diese Frage mit einem schlichten: „No, please not now!“ zu beantworten. Mir wurde erklärt ein Iraner würde aus reiner Höflichkeit immer JA sagen. Hm, was nun? Ich wollte eine Entscheidung haben, eine Antwort, und zwar eine die nicht lautet: „It depends, if the person….“ Wir haben uns am Ende darauf geeinigt, meinen Vorschlag einfach mal in der täglichen Arbeit auszuprobieren. Am Ende der Session hatte Ali, der auch schon einige Zeit in Polen verbracht hat, dann auch gleich ein Feedback für mich parat: „You look at the things in a typical western way!“ Danke für das Feedback.

P.S: Für alle AIESECer mit myaiesec.net - Zugang, hier der Link zu meinem CEED-Wiki mit allen Outputs der Sessions:

http://www.myaiesec.net/content/viewwiki.do?contentid=10029108


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